Bye Bye Vine – warum das Ende nicht überrascht
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Gestern gab die Twitter-App Vine im Blog ihr bevorstehendes Ende bekannt.
Damit geht eine immer noch einzigartige App vom Markt.
Traurig, aber für mich nicht überraschend.
Die Ursprungsidee
Die Ursprungsidee von Vine beim Start 2013 ist gar nicht so weit vom heutigen Snapchat entfernt. Vine sollte eine App werden, mit der wir unser Leben in kleinen Video-Häppchen mit Freunden teilen können.
Die tatsächliche Entwicklung
Warum es nie bzw. nie so richtig dazu kam, lag letztlich an der hohen Qualität von Vine und dem damit verbundenen großen künstlerischen Potential. Seine einfache und geniale Möglichkeit, sog. StopMotion-Videos zu erstellen, war überragend und hat zahlreiche Vine-Künstler hervorgebracht, die fortan auf der Plattform ihre Followerschaft vergrößerten und täglich neue 6-Sekunden-Kunstwerke schufen.
Dazu die lustigen 6-Sekunden-Comedians, hervorragende Illustrations- und Animationsvideos und gute Musiker, deren Karrieren zum Teil auf Vine begannen.
Aus der ursprünglich geplanten App des täglichen Austauschs wurde also schnell eine Entertainment-Plattform, auf der, ähnlich wie im großen Konzertsaal, wenige Kreativ-Akteure einem breiten inaktiven und rein konsumierenden Publikum gegenüberstanden.
Die Nutzerzahlen
Stichwort Publikum. Hier liegt ein ernstes Problem, denn niemand von uns hat jemals gewußt, wieviel Publikum sich tatsächlich auf Vine befand.
Der Start war offenbar gut. Die ersten Meldungen 2013 berichteten von der am schnellsten wachsenden App weltweit.
Facebook kopierte die App (mit Instagram) sehr rasch – ebenfalls ein untrügliches Zeichen für ihren erfolgreichen Start.
Doch dann folgte gerade mal eine einzige konkrete Zahlen-Meldung. Mitte 2014 gab Vine bekannt, dass 40 Mio. Nutzer auf der Plattform sind. Ab diesem Zeitpunkt wurden nie mehr weitere Zahlen präsentiert – so daß man weder wußte, wieviele Nutzer Vine wirklich hatte, geschweige denn wieviele Nutzer es in einzelnen Ländern bzw. Märkten gab.
Ein ganz schlechtes Zeichen.
Alarmierend auch die Entwicklung des Follower-Engagements, das mit der Zeit immer weniger wurde.
Obwohl ich auf Vine mehr als 23.000 Follower hatte, war die Anzahl an Likes und Kommentaren bei meinen Posts prozentual deutlich niedriger als bei meinen knapp 1.000 Instagram-Followern.
In den letzten Wochen erreichten sogar meine auf Instagram geposteten Videos jeweils fast doppelt so viele Reaktionen wie auf Vine – wohlgemerkt obwohl meine Followerschaft auf Vine 23mal höher war als bei Instagram.
Das mag nicht zu verallgemeinern sein, aber ich habe es als Vine-Agonie empfunden. Kein Vergleich jedenfalls zur Anfangsphase, als dort richtig was los war.
Die Wirtschaftlichkeit
Ohne dessen betriebswirtschaftliche Zahlen zu kennen, kann ich mir natürlich eigentlich kein Urteil über die Wirtschaftlichkeit von Vine erlauben.
Mein gesunder Menschenverstand sagt mir jedoch, dass jedes Produkt nach einer gewissen Zeit soviel Geld erwirtschaften muss, dass es sich zumindest trägt, besser noch Gewinne abwirft.
Das setzt voraus, dass man sich Einnahmequellen erschließt – ein Bestreben, dass ich bei Vine bis zum Schluß nicht erkennen konnte.
Das ist schade, denn ich hätte ganz gewiss nicht wenig Geld investiert, um einfach nur die Reichweite meiner Beiträge sowie der meiner Kunden zu erhöhen – ein Vorgang, der in anderen sozialen Netzwerken völlig normal ist.
Das Miß-Marketing
Ein echtes Ärgernis sind die ganz offensichtlichen Versäumnisse im Marketing.
Sie beginnen mit einer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die eigentlich nur in der Anfangsphase wahrnehmbar war – und setzen sich fort mit einer Produkt(weiter)entwicklung, die den Namen nicht verdient. Man vergleiche, welche Neuerungen und Verbesserungen es bei der Instagram-App in der Zwischenzeit gab.
Am schlimmsten fand ich den Umgang mit internationalen Influencern und Enthusiasten, die Vine in vielen Regionen der Erde hätten verankern können (wenn Vine es schon nicht selber tut).
Einer dieser Enthusiasten war ich – und meine schlechten Erfahrungen (auf die ich hier gar nicht im Detail eingehen möchte) teile ich leider mit etlichen anderen Enthusiasten rund um den Globus, so daß ich mein eigenes Vine-Engagement hier in Deutschland weitestgehend gestoppt habe zu einem Zeitpunkt, wo die Presseberichterstattung gerade ordentlich Fahrt aufnahm.
Fortan konzentrierte ich mich darauf, “mein” Produkt, den Snack-Content in die Köpfe und Herzen zu bringen – und Vine stand hinten an.
Multipliziert man diese Vorgänge hier in Deutschland nun mit denen in anderen Ländern, ergibt sich daraus ein verhindertes PR- und Influencer-Potential in ungeheurem Ausmaß.
Fazit
Unterm Strich war es eine richtig schöne Zeit mit Vine, die mein komplettes Berufsleben in Richtung Snack-Content verändert hat.
Die StopMotion-Möglichkeiten von Vine konnten bis heute von keiner anderen App auch nur annähernd erreicht werden.
Vine war für mich nicht nur eine App, sondern Inspirationsquelle und ein Ort, an dem schon einige gute Freundschaften begannen.
Für all das bin ich Vine unendlich dankbar. All das wird mir sehr fehlen.
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franz-josef baldus,
geschäftsführer koelnkomm kommunikationswerkstatt
publiziert am 28.10.2016